Krisenmodus Gesundheit: Die Rolle des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD) im Kriegs- und Katastrophenfall
Kriege, Katastrophen, Extremwetterereignisse – Szenarien, die früher vor allem in der Theorie behandelt wurden, rücken heute immer näher an unseren Alltag heran. In diesem Spannungsfeld gewinnt der Öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD) massiv an Bedeutung. Der Beitrag der Akademie für Öffentliches Gesundheitswesen (ÖGD Akademie) beleuchtet eindrucksvoll, welche Funktionen der ÖGD in solchen Ausnahmesituationen übernimmt – und wo struktureller Handlungsbedarf besteht.
🛡 Gesundheitsschutz als Bestandteil der Resilienz
Katastrophen haben nicht nur politische oder wirtschaftliche Folgen – sie sind auch immer eine Bedrohung für die öffentliche Gesundheit. Der ÖGD nimmt in diesen Situationen eine Schlüsselrolle ein: Er sichert Gesundheitsversorgung unter erschwerten Bedingungen, organisiert Seuchenprävention, unterstützt bei Evakuierungen, sorgt für psychosoziale Hilfe und ist Bindeglied zwischen Bevölkerung, Behörden und medizinischer Infrastruktur.
Besonders bei einem langanhaltenden Stromausfall, einem Chemieunfall oder gar im Kriegsfall wird deutlich, wie wichtig ein gut vernetzter, handlungsfähiger Gesundheitsdienst ist.
🔎 Die Realität: Herausforderungen und Lücken
Die Analyse der Akademie zeigt aber auch: Viele Gesundheitsämter sind auf solche Szenarien bislang unzureichend vorbereitet. Zwar existieren Katastrophenschutzpläne und Pandemiepläne, doch oft fehlt es an Ressourcen, personeller Ausstattung und praktischer Einbindung in Übungen und Krisenstrukturen.
Der ÖGD ist zwar fachlich zentral – wird aber strukturell noch zu oft randständig mitgedacht.
Ein zentrales Problem: Im Alltag dominiert das Verwaltungshandeln. Prävention, Kontrolle und Koordination im Katastrophenfall geraten in den Hintergrund, wenn der Dienst personell überlastet ist oder digitale Strukturen fehlen. Die Pandemie hat gezeigt, wie schnell Behörden an ihre Grenzen stoßen – im Krieg oder bei großflächigen Umweltkatastrophen ist die Lage potenziell noch kritischer.
🧭 Der Weg nach vorn: Kompetenzzentren, Weiterbildung und Vernetzung
Die ÖGD Akademie fordert daher zu Recht, den ÖGD nicht nur in der Theorie, sondern ganz praktisch und systematisch auf den Ernstfall vorzubereiten. Nötig sind:
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Katastrophenmedizinische Schulungen für ÖGD-Beschäftigte
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Kooperation mit anderen BOS-Organisationen (Feuerwehr, THW, Katastrophenschutz, Bundeswehr)
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Digitale und logistische Infrastruktur, um auch bei Ausfällen arbeitsfähig zu bleiben
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Klare Einsatzpläne und Alarmierungswege, abgestimmt auf kommunale und länderübergreifende Katastrophenschutzsysteme
Zudem könnten spezialisierte Kompetenzzentren für gesundheitlichen Katastrophenschutz entstehen, die fachlich begleiten, beraten und koordinieren – ähnlich den bestehenden Landesgesundheitsämtern, aber mit Fokus auf Extrem- und Ausnahmeereignisse.
🔄 Fazit: Katastrophenschutz braucht Gesundheitsexpertise
Die Verantwortung des ÖGD endet nicht bei Infektionsschutz und Hygieneüberwachung. In einer zunehmend krisenanfälligen Welt wird seine Rolle als „Gesundheits-First-Responder“ unverzichtbar. Damit er dieser Aufgabe gerecht werden kann, braucht es nicht nur Anerkennung – sondern auch strukturelle und politische Rückendeckung.
Der Beitrag der Akademie für Öffentliches Gesundheitswesen ist ein Weckruf: Der ÖGD muss zum festen Bestandteil jeder nationalen und regionalen Sicherheitsarchitektur werden – nicht nur auf dem Papier, sondern in der Praxis.