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Anzahl gefährdeter Schmetterlinge steigt


Urheber:in:
Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg



Bedrohte Vielfalt

Schmetterlinge zählen zu den artenreichsten und gleichzeitig am stärksten bedrohten Tiergruppen im Land. Von den 1.353 untersuchten Arten gelten nur noch 32,5 % als ungefährdet – ein dramatischer Rückgang gegenüber den Zahlen von vor 20 Jahren. Besonders betroffen sind die sogenannten Großschmetterlinge, zu denen auch viele farbenprächtige und weithin bekannte Arten gehören. 50,4 % dieser Tiere stehen heute auf der Roten Liste.

„Das Insektensterben wird durch das Verschwinden der Schmetterlinge besonders sichtbar“, betont Dr. Ulrich Maurer, Präsident der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW). Ihr Rückgang ist nicht nur ein ästhetischer Verlust – Schmetterlinge sind wichtige Bestäuber und Nahrungsquelle für andere Tiere. Ihr Verschwinden gefährdet das gesamte ökologische Gleichgewicht.


Fast zwei Millionen Datensätze analysiert

Grundlage der neuen Liste ist die vom Staatlichen Museum für Naturkunde Karlsruhe (SMNK) betreute Landesdatenbank. Dank über 1,8 Millionen Artnachweisen – eine Verdreifachung gegenüber 2005 – konnte das Expertenteam aus 12 Fachleuten die Entwicklung der Schmetterlingspopulationen im Land fundiert bewerten. Erstmals seit 1979 wurden auch die Zünsler, eine bislang kaum beachtete Gruppe, mit in die Bewertung aufgenommen – mit ebenfalls alarmierenden Ergebnissen: 38,6 % der Zünslerarten gelten als gefährdet.

„Die enorme Datenmenge verdanken wir vor allem dem Engagement ehrenamtlicher Kartiererinnen und Kartierer“, sagt Dr. Robert Trusch, Kurator der Schmetterlingssammlung am SMNK.


Ursachen: Lebensraumverlust und intensive Landwirtschaft

Die Gründe für das Artensterben sind vielfältig – und menschengemacht. Viele Schmetterlinge sind auf ganz bestimmte Lebensräume und Nahrungspflanzen angewiesen. Diese spezialisierten Bedingungen finden sich oft nur noch in kleinräumigen Biotopen wie Magerrasen, Mooren oder Nasswiesen.

Doch gerade diese Lebensräume verschwinden durch zunehmende Bebauung, Landwirtschaft, Pestizideinsatz und Stickstoffeinträge. Auch die Aufgabe traditioneller Bewirtschaftungsformen trägt zum Artenrückgang bei. So verlieren Schmetterlinge nicht nur ihre Lebensgrundlage – auch ihre komplexen Entwicklungszyklen geraten aus dem Takt.


Hoffnung durch Schutzgebiete und Artenschutzprogramme

Trotz der ernüchternden Gesamtlage zeigt die neue Rote Liste auch, dass Schutzmaßnahmen wirken können. Seit 1993 läuft in Baden-Württemberg ein spezielles Artenschutzprogramm für Schmetterlinge. So konnte etwa der stark gefährdete Enzian-Ameisenbläuling bei Gültlingen durch gezielte Beweidung mit Schafen erhalten werden.

Naturschutzgebiete spielen eine Schlüsselrolle beim Erhalt der Artenvielfalt – doch sie allein reichen nicht aus. „Wir brauchen Pufferzonen rund um Schutzgebiete, um Einträge von Stickstoff und Pestiziden zu verhindern“, fordert Dr. Trusch. Nur so könnten diese Gebiete auch Ausgangspunkt für eine Wiederbesiedlung der Kulturlandschaft werden.


Gewinner, Verlierer und Rückkehrer

Einige Arten haben es durch den Klimawandel geschafft, neu einzuwandern – wie der Karstweißling oder die Dunkelbraune Brombeereule. Beide gelten als ungefährdet und breiten sich derzeit aus. Hoffnung machen auch spektakuläre Wiederentdeckungen: So galt die Hofdame – ein seltenes Nachtfalter-Weibchen – 2005 noch als ausgestorben, wurde aber 2019 auf der Schwäbischen Alb wiedergefunden.

Dem gegenüber stehen tragische Verluste: Der Flockenblumen-Scheckenfalter und der Küchenschellen-Waldrebenspanner – einst Bewohner artenreicher Weinberg-Habitate – sind heute aus Baden-Württemberg verschwunden.


Ein Weckruf an Politik und Gesellschaft

Die aktuelle Rote Liste ist nicht nur ein wissenschaftliches Dokument, sondern ein Weckruf an Politik, Landwirtschaft, Naturschutz – und an uns alle. Wer Schmetterlinge schützen will, muss Lebensräume erhalten, Pestizide reduzieren, auf extensive Bewirtschaftung setzen und Artenvielfalt aktiv fördern.

Denn eines ist klar: Schmetterlinge sind nicht nur schön – sie sind unverzichtbar für ein funktionierendes Ökosystem.


Die neue Rote Liste Schmetterlinge Baden-Württemberg (4. Fassung, 2025) steht als kostenlose PDF unter folgendem Link zum Download bereit: LUBW-Publikationsdienst


Weitere Informationen:


Tipp für Naturfreund*innen:
Schon mit einer schmetterlingsfreundlichen Wiese im Garten, dem Verzicht auf Pestizide und dem Pflanzen heimischer Blühpflanzen kann jeder einen Beitrag leisten – für Falter, Vielfalt und Zukunft.


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