Leben für die Sicherheit – Einblicke in einen oft unterschätzten Beruf
Arbeitssicherheit ist mehr als nur ein Job. Es ist eine Berufung. Das zeigt sich im ersten Teil unseres Roundtable-Gesprächs mit drei Menschen, die sich tagtäglich für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz einsetzen: Beat Eggimann (Volken Group), Gitte Björn (SR Technics) und Natascha Schoch (IBM Research). Sie alle haben ganz unterschiedliche Erfahrungen, Branchen und Perspektiven – und dennoch eint sie ein Ziel: Menschen vor Unfällen zu schützen.
Die vielen Rollen hinter der Sicherheit
Sicherheitsbeauftragte tragen viele Hüte: Helfer, Anlaufstelle, Umsetzer, manchmal auch „Nervensäge“. Doch eines wollen sie auf keinen Fall sein: die Polizei. Denn wer Sicherheit mit Strafe verbindet, wird selten auf offene Ohren stoßen. Stattdessen sehen sich unsere Gesprächspartner:innen als Vertrauenspersonen, als Google für Sicherheitsfragen – und als jemand, der STOPP sagt, um Leben zu schützen.
„Niemand kommt morgens zur Arbeit und sagt: Heute will ich mir das Bein brechen“, sagt Gitte. Deshalb sei es umso wichtiger, in solchen Momenten nicht zu verurteilen, sondern zu verstehen.
Kompetenzen mit Tiefe
Was macht gute Sicherheitsprofis aus? Nicht nur Fachwissen, sondern auch Rückgrat, Empathie und Organisationstalent. Alle drei betonen: Nur wer zuhören kann und bereit ist, ständig zu lernen, wird in diesem Beruf bestehen. Denn Regeln ändern sich, Technologien entwickeln sich weiter – und jeder Mensch tickt anders.
„Ich könnte nicht mehr zur Arbeit gehen, wenn sich jemand verletzt, weil ich mich nicht getraut habe, STOPP zu sagen“, erklärt Natascha.
Gitte ergänzt: „Empathie ist nicht lernbar – die muss man mitbringen.“
Zwischen Frust und Erfüllung
Sicherheit ist ein hartes Pflaster. Wenn Maßnahmen ignoriert werden oder Unverständnis dominiert, kommt auch Frust auf. Beat erinnert sich an Situationen, in denen Helmpflichten wiederholt missachtet wurden. Konsequenz sei wichtig, aber noch wichtiger sei es, dabei immer Mensch zu bleiben. Gitte findet Rückhalt in Gesprächen mit Vertrauenspersonen, Natascha schöpft Kraft aus positiven Rückmeldungen.
„Ich will nicht, dass jemand anderem so etwas Schlimmes passiert wie mir mit 18“, sagt Beat, der selbst in einen tödlichen Unfall verwickelt war. Dieses Erlebnis ist sein Antrieb.
Zeichen der Wertschätzung
Und es gibt sie – die Lichtblicke: Wenn Mitarbeitende von sich aus Hilfe suchen. Wenn ein individuell angepasster Gehörschutz für laute Baustellen Dankbarkeit auslöst. Oder wenn eine junge Sicherheitsverantwortliche zur ersten Anlaufstelle für ihre Kolleginnen wird. Für die drei Profis ist klar: Ihre Arbeit macht einen Unterschied.
„Mich braucht es nicht mehr, wenn niemand mehr arbeitet“, sagt Natascha mit einem Augenzwinkern.
Energiequellen im Alltag
Was gibt Halt? Für Gitte ist es der Austausch mit Menschen. Für Natascha ist es das innere Gefühl, am richtigen Ort zu sein. Und für Beat ist es das Tauchen – wortwörtlich das Eintauchen in eine andere Welt, um Kraft zu tanken. Doch trotz aller Auszeiten bleibt der Beruf auch ein Teil des Alltags: „Ich überprüfe auch im Ausgang in Zürich die Defibrillatoren“, sagt Natascha lachend.
Ein Wunsch frei
Und wenn man drei Sicherheitsprofis zu Weihnachten einen Wunsch schenken dürfte?
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Natascha wünscht sich mehr Fokus auf die eigentlichen Sicherheitsaufgaben statt auf internationale Reportings.
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Beat hofft auf ein flexibleres Budget für schnelle Maßnahmen.
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Gitte wünscht sich mehr Eigenverantwortung der Mitarbeitenden für ihre Gesundheit.
Fazit:
Sicherheitsbeauftragte arbeiten oft im Hintergrund – und dennoch an vorderster Front, wenn es darum geht, Unfälle zu verhindern und Leben zu schützen. Sie brauchen Fachwissen, aber noch mehr Menschlichkeit. Sie erleben Widerstand, aber auch Dankbarkeit. Und vor allem: Sie machen einen Unterschied.
Im nächsten Teil des Roundtables erfahren Sie, wie die drei mit internationalen Herausforderungen umgehen und welche Strategien sie für die Zukunft der Sicherheit sehen.