Psychische Belastungen am Arbeitsplatz: Warum Unternehmen jetzt handeln müssen
Überforderung, schlechtes Betriebsklima, mangelnde Unterstützung – psychische Belastungen am Arbeitsplatz haben viele Gesichter. Doch obwohl gesetzlich vorgeschrieben, berücksichtigen viele Unternehmen diese Risiken noch immer nicht ausreichend. Dabei ist die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen ein zentraler Schritt, um Gesundheit und Leistungsfähigkeit nachhaltig zu sichern.
Psychische Belastung: Ein unsichtbares Risiko
Stress, Erschöpfung, Reizbarkeit – die Symptome psychischer Belastung sind oft subtil und entwickeln sich schleichend. Was mit gelegentlicher Anspannung beginnt, kann sich schnell zu ernsthaften Problemen wie Burnout oder Depressionen auswachsen. Die Ursachen sind vielfältig: monotone oder überfordernde Aufgaben, fehlender Handlungsspielraum, Zeitdruck, ständige Erreichbarkeit oder Konflikte im Team.
Laut einer Studie der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) aus dem Jahr 2019 erfassen jedoch nur 21 Prozent der Unternehmen in Deutschland die psychische Belastung ihrer Beschäftigten systematisch. Eine erschreckend niedrige Zahl – denn die psychische Gefährdungsbeurteilung ist gesetzlich vorgeschrieben (§ 5 ArbSchG) und sollte genauso selbstverständlich sein wie die Beurteilung physischer Gefährdungen.
Warum Unternehmen das Thema ernst nehmen sollten
„Durch dauerhaft ungünstige Arbeitsbedingungen leidet die Konzentration, Stress kann sich einstellen, und das Risiko für Arbeitsunfälle oder Erkrankungen erhöht sich“,
sagt Dr. Marlen Cosmar vom Institut für Arbeit und Gesundheit der DGUV (IAG).
Ein Unternehmen, das psychische Belastungen ignoriert, riskiert nicht nur die Gesundheit seiner Mitarbeitenden, sondern auch sinkende Motivation, höhere Fehlzeiten und eine steigende Fluktuation. Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels kann das schnell zum Wettbewerbsnachteil werden.
Wie psychische Gefährdungen erfasst werden können
Um psychische Belastungen im Unternehmen sichtbar zu machen, gibt es verschiedene, praxiserprobte Methoden:
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Mitarbeiterbefragungen: anonym, digital oder in Papierform, liefern wertvolle Einblicke in Belastungsschwerpunkte.
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Arbeitsplatzbeobachtungen: durch geschulte Fachkräfte (z. B. Fachkraft für Arbeitssicherheit oder Betriebspsychologen).
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Moderierte Gruppengespräche: zum gemeinsamen Identifizieren von Problemen und Lösungsansätzen.
Entscheidend ist, die Ergebnisse nicht isoliert zu betrachten. Sie müssen mit weiteren Aspekten der Gefährdungsbeurteilung verknüpft werden – etwa mit ergonomischen, organisatorischen oder sozialen Bedingungen.
Schutzmaßnahmen ableiten und umsetzen
Auf Basis der Analyse sollten passende Maßnahmen entwickelt und in den Arbeitsalltag integriert werden. Beispiele hierfür sind:
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Ergonomische Verbesserungen am Arbeitsplatz (z. B. höhenverstellbare Tische, gute Beleuchtung)
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Klare Regeln zur Erreichbarkeit außerhalb der Arbeitszeit
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Verbesserung der internen Kommunikation und Feedbackkultur
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Schulungen für Führungskräfte, um psychische Belastungen frühzeitig zu erkennen
Die Verantwortung für die Gefährdungsbeurteilung liegt bei der Unternehmensleitung bzw. den Führungskräften. Unterstützen kann dabei die Fachkraft für Arbeitssicherheit (Sifa) sowie Betriebsärzt:innen oder externe Expert:innen.
Fazit: Psychische Gesundheit ist Führungsaufgabe
Unternehmen, die heute in die psychische Gesundheit ihrer Belegschaft investieren, sichern sich langfristig eine engagierte, gesunde und leistungsfähige Belegschaft. Die Erfassung und Bewertung psychischer Belastungen sollte dabei keine lästige Pflicht sein, sondern als strategische Chance verstanden werden – für mehr Zufriedenheit, weniger Ausfälle und eine gesunde Unternehmenskultur.
Weiterführender Tipp:
Die aktuelle Ausgabe der Fachzeitschrift „top eins“ liefert praktische Anleitungen und Fallbeispiele zur erfolgreichen Umsetzung der psychischen Gefährdungsbeurteilung.
Jetzt handeln – bevor aus Belastung Krankheit wird.